Produkt in Schaufenster präsentieren
Viele weise Leute haben den physischen Schaufenstern dieser Welt ein baldiges Ende durch den Online-Handel via Internet prophezeit. Doch diese Prophezeiung ist noch lange nicht in Erfüllung gegangen. Der Berufsstand des Schaufensterdekorateurs steht noch nicht auf der Liste der aussterbenden Berufe. Denn eine „reale“ optische Berührung mit dem Konsumprodukt der Begierde löst bei vielen Menschen immer noch wesentlich stärker den Drang nach dem spontanen käuflichen Erwerb des Artikels aus, als die virtuelle Präsentation in einem der unzähligen Online-Verkaufs-Plattformen. So bleibt das Produkt-Schaufenster ein sehr probates Werbemittel, nicht nur als Schaufenster direkt im Ladengeschäft.
Woher rührt also diese Einstellung vieler Kunden? Längst ist die Produktpräsentation im Internet nicht mehr auf einfache zweidimensionale Bilder beschränkt. Komplexe 3D-Visualisierungen lassen uns inzwischen zum Beispiel nach einer Gesichtserkennung das Tragen eines bestimmten Brillenmodells nach kurzer Zeit aus allen Perspektiven am eigenen Kopf bestaunen. Moderne Rechenleistung und Softwaretechniken leisten auf diesem Gebiet inzwischen viel Bahnbrechendes. Die virtuelle Anprobe anhand der präzisen Erfassung der eigenen Körpermaße wird sich in Zukunft in fast jedem Shop durchgesetzt haben. So wird auch dieser letzte große Pluspunkt eines realen Ladengeschäfts weitestgehend geschrumpft. Die Render-Engine des Browsers ist unser Anprobe-Spiegel und wir müssen uns dazu nicht einmal mehr selbst in einer engen Kabine oft umständlich umziehen. Was bleibt den realen Ladengeschäften dennoch, um ausreichend Kundschaft im wahrsten Sinne des Wortes anzuziehen?
Viele moderne Berufe erfordern fast ganztägig die Arbeit an einem Monitor eines datenverarbeitenden Systems. So möchte man vielleicht ganz bewusst beim Einkaufen mal weg von der Elektronik, raus an die frische Luft und eben Schaufensterbummeln gehen. Erwischt man dann auch noch einen freundlichen, gutgelaunten und kompetenten Verkäufer wird aus einem Einkauf fast schon ein persönliches soziales Ereignis. Beim zufriedenen Verlassen des Ladens sucht man dann vergeblich den „like“-Button zum Klicken. Aber einige Dinge kann man ja auch ganz persönlich und verbal mit seinen Freunden teilen. Das ist aber nur ein mögliches Szenario, warum viele Einkaufspassagen noch nicht völlig frei von Besuchern sind. Dazu kommt natürlich auch, dass moderne Einkaufszentren eben nicht nur Shops präsentieren, sondern heute fast immer über ein komplettes Entertainment-Angebot verfügen.
Aus einer anderen Sicht heraus impliziert die Produktpräsentation im Schaufenster oder Schaukasten bzw. in der Vitrine immer noch auf eine ganz eigene Art, dass man eben mit einem Handgriff die Ware wirklich physisch anfassen kann. Dieses Gefühl wird dem Internet nach dem jetzigen Stand der Technik wohl noch eine Weile vorbehalten bleiben, denn das Beamen steckt noch sehr in den Kinderschuhen. Ein Glück für viele Ladenbesitzer, die dem Online-Handel mit allen Mitteln die Stirn bieten. Es wird wohl ohnehin auf eine hoffentlich friedliche Koexistenz beider Plattformen hinauslaufen. Das entscheidet letztlich der Kunde.